Beitrag von Li Yuan 黎远 für das Wochenmagazin Xinmin Zhoukan Nr.13, April 2012, S.92.
Übersetzung:
Sollen Banken Geld verdienen?
Berichten zufolge erreichte zur Inventur des Jahres 2011 der Nettogewinn der fünf Großbanken Industrial and Commercial Bank of China, Agricultural Bank of China, Bank of China, China Construction Bank und Bank of Communications 680.849 Milliarden RMB, was einem täglichen Reingewinn von 1,8 Milliarden RMB entspricht und diese Branche damit weiterhin zur bestverdienenden unter Chinas gelisteten Firmen macht. Und bei einem nicht sehr rosigen Jahresausblick für Chinas gesamtwirtschaftliche Lage behalten die fünf Großbanken ein durchschnittliches Reingewinn-Wachstum von über 18% bei.
Diese hervorragenden Noten hinterlassen jedoch einen schalen Beigeschmack. Um es mit dem einfachsten wirtschaftswissenschaftlichen Begriff vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auszudrücken – auf der einen Seite stehen die Anbieter von Kapital, z.B. die einfachen Sparer. Ihnen gegenüber stehen die Nachfrager nach Kapital, z.B. die Unternehmen, die eine Produktion aufbauen und in der Realwirtschaft tätig sind, und die Banken sind Brücke und Mittler zwischen Anbietern und Nachfragern. Jetzt, da sich Chinas Wachstum verlangsamt und der Einzelne mit einem Mangel an Anlagemöglichkeiten und dem Druck steigender Lebenshaltungskosten konfrontiert ist und dabei zusehen muss, wie sein Geld an Wert verliert, in einer Zeit, in der ausserdem die Realwirtschaft keine finanzielle Unterstützung bekommt, in der es für kleine und mittlere Unternehmen extrem schwierig ist, sich zu finanzieren, verdienen sich die Mittler eine goldene Nase. Dies ist bestimmt keine gesunde Konstellation.
Bei den Banken im Ausland nehmen “außerbilanzmäßige Geschäfte”, d.h. Einkommen aus Finanzdienstleistungen, die nicht das traditionelle Einlagen- und Kreditgeschäft betreffen, einen hohen Anteil ein, doch das Einkommen unserer Banken speist sich noch zum größten Teil aus der Differenz zwischen Einlagen- und Kreditzins. Und die Zinserhöhung der Zentralbank im letzten Jahr war zweifelsfrei der Hauptfaktor für den Gewinnanstieg bei den Banken. Die Banken „wurden gewachsen“, ohne dass sie wussten, wie ihnen geschah. Befindet sich ein Markt im Gleichgewicht und wird jemand Ertragsführer, dann verfügt er mit Sicherheit über einzigartige Ressourcen, die andere nicht haben – er hat Technologien, die andere nicht haben, oder sein Team, seine Abläufe und seine Organisation sind effizienter, oder er hat geringere Kosten oder ist innovativer – doch nichts von alldem kann die jetzigen hohen Erträge der Banken erklären. Die einzigartige Fähigkeit der Banken, Gewinne zu erzielen, obwohl sie besagte Qualitäten nicht haben, zeigt nur, dass in einem Markt ohne Transparenz und freien Fluss der Ressourcen und Informationen das Monopol den Königsweg darstellt.
Wer dieses Monopol geschaffen hat, das bedarf keiner Erklärung. Wozu macht man so einen großen Umweg – man verursacht erst eigenhändig Probleme, um dann in sich zu gehen und sie reuevoll zu lösen? Wozu das alles, wenn nicht der Profit, den die Entscheider daraus schlagen, nicht die bei der Lösung dieser schweren Probleme auftretenden Verluste und Unannehmlichkeiten übersteigt? Das scheint die einzige logische Antwort zu sein. Wir wünschen den Banken keine Verluste, aber wir wollen auch nicht mit ansehen, wie sie einen gewaltigen Reibach machen, während die Entwicklung der anderen Branchen hinter ihnen zurückbleibt.