Von Wang Yu 王瑜. Originalartikel: Gongren Ribao vom 4.12.2011.
Zusammenfassung:
In dem Artikel “Weiterhin hohe Preise selbst nach langjähriger Gesundheitsreform – Kenner sehen im Ausschreibungssystem einen Geburtsfehler” (erschienen in der Gongren Ribao [„Worker’s Daily“] am 4.12.2011) geht Wang Yu 王瑜 der Frage nach, warum trotz der Reformen die Arzneimittelpreise, die chinesische Kliniken berechnen, weiterhin auf einem so hohen Niveau verharren. Meldungen über Preise bis zum 66fachen der Abgabepreise der Hersteller hatten Aufsehen erregt.
Derzeit führen die Provinzen einheitlich für alle Kliniken Ausschreibungen für die Beschaffung von Arzneimitteln durch. Nach einer Bewertung durch Expertengruppen ergibt sich ein Zuschlagspreis. Auf diesen Einkaufspreis dürfen die staatlichen Krankenhäuser der oberen zwei Stufen in Chinas dreistufigem System 15% aufschlagen, um damit ihre Betriebskosten zu decken.
Sun Dongdong, der Leiter des Zentrums für Gesundheitsrecht an der Peking-Universität, verweist auf Studien, nach denen bei Arzneimitteln die stark kontrollierten Hersteller lediglich einen Durchschnittsertrag von 10% haben, die Krankenhäuser nur etwa 13%. Entscheidend für die hohen Preise sei der Preisbildungsmechanismus. An ihm seien auf verschiedenen Ebenen zahlreiche Zwischenhändler und Grossisten beteiligt, die zusammen mit den Kliniken und den die Ausschreibungen durchführenden Agenturen eine Interessengruppe bilden würden, in der kein Beteiligter irgend ein Interesse an niedrigen Preisen habe.
Ansonsten gilt, dass die Nationale Komission für Reform und Entwicklung bzw. die örtlichen Behörden für Preiskontrolle einen maximalen Einzelhandelspreis für jedes Medikament festlegen und überwachen. Paradoxerweise seien so die gleichen Präparate in den Apotheken oft billiger als in den Kliniken, da die Apotheken bei der Wahl ihrer Lieferanten flexibler seien.
Die von den Lokalregierungen kommenden Mittel decken nur 10% der Kosten der Krankenhäuser, den Rest müssen sie selbst erwirtschaften. Die prozentuale Beteiligung an den Arzneimittelpreisen ist eine wichtige Einkommensquelle für die Kliniken, wirkt aber preistreibend. Dieser Mechanismus wird mittlerweile als einer der Geburtsfehler der Reform gesehen.
Fachleute fordern eine rasche Reform des Systems der Zahlung für Dienstleistungen durch die Krankenversicherung. Die Art der Krankheit solle ausschlaggebend sein, und ein nach verschiedenen Kriterien berechneter Gesamtetat vorgegeben werden. Auf diese Weise wird der Aufwand für jeden Patienten gedeckelt, und das Krankenhaus kann den Restbetrag selbst behalten. Die Medikamente gehen so als Kosten in die Rechnung ein und werden nicht als Profitbringer betrachtet.
Auch an anderen Fronten wird um eine Kontrolle der Preise gekämpft: Seit Dezember 2011 gibt die Nationale Komission für Reform und Entwicklung ein neues Preisbildungsverfahren vor, das einen einheitlichen Preis für Arzneimittel mit gleichen Wirkstoffen sicherstellen soll. Am 30.11.2011 stimmte der Staatsrat einem Gesetzentwurf zu, mit dem Absprachen zwischen den ausschreibenden Krankenhäusern und den ausgewählten Lieferfirmen wirksamer verhindert werden sollen.