Beitrag der Redaktion der Zeitschrift Quanqiu Qiyejia (Global Entrepreneur) vom 18.08.2011.
Übersetzung:
Die profitablesten Multis in China
Zusammenfassung: Jetzt, da die goldenen Zeiten vorbei sind, ist es schwieriger geworden, die gewinnstärksten multinationalen Unternehmen auszumachen. Doch zur selben Zeit lohnt es sich noch mehr, ihren Siegesstrategien nachzugehen; vergleiche die vollständige Liste des „10-Milliarden-Klubs“ von 2011 sowie die Aufstellung zu deren „Winter”-Kondition.
Die Ressourcennachfrage der sich rapide entwickelnden chinesischen Wirtschaft hat Unternehmen wie Vale Brazil eine rosige Zukunft beschert. 2010 betrug der Verkaufserlös des brazilianischen Eisenerz-Riesen auf dem chinesischen Markt nahezu 100 Mrd RMB, was bereits einen Anteil von 33% am globalen Gesamtgeschäft ausmacht.
Vale Brazil weist auf der diesjährigen Liste des „10-Milliarden-Klubs“ von Global Entrepreneur (die dieses Jahr am besten performenden Firmen mit einem Umsatz in China von über 10 Milliarden Yuan RMB) ein blendendes Ergebnis auf – es belegt in folgenden drei Sparten den ersten Platz: Umsatz auf dem chinesischen Markt, Wachstum im Vergleich zum Vorjahr und globaler Marktanteil.
Das in Rio beheimatete Eisenerzunternehmen ist im Dezember 2010 als erste brasilianische Firma an die Hongkonger Börse gegangen und hat dann China ins Visier genommen. Drei Monate später verkündete Vale Brazil seinen Wunsch, an die Shanghaier Börse zu gehen, sobald die Tore zu China geöffnet seien. Sein Finanzbericht erschien bereits auf Chinesisch.
Wenn das Jahr 2009 einen kritischen Punkt in Chinas Wirtschaft markierte, an dem die rosigen Zeiten für die Multinationals von der Wirtschaftspolitik und vom ganzen Umfeld her vorbei waren, und diese Gruppe das Geschäftsklima in China vor dem Hintergrund der eigenen Entwicklungsschwierigkeiten pessimistisch sah, dann sind sie 2010 zu der nüchternen Erkenntnis gelangt, dass Klagen sinnlos ist und gutes Zureden nichts bringt – viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass der strategische Rang des chinesischen Marktes durch die Härteprobe der globalen Finanzkrise gestiegen ist. In den letzten Jahren betonten fast alle CEOs multinationaler Unternehmen bei ihren Chinabesuchen immer wieder „der chinesische Markt ist für uns sehr wichtig“, aber nur wenige haben diesen Satz auch tatsächlich in die Praxis umgesetzt.
Aber jetzt – ja, jetzt – beginnen die multinationalen Unternehmen wirklich an diesen Satz zu glauben. In dem von der US-Handelskammer in China herausgegebenen Geschäftsklimaindex (Business Climate survey report) für 2011, einem Stimmungsbarometer für die Haltung der multinationalen Unternehmen, herrscht eine optimistische Stimmung vor. 85% der befragten Unternehmen verzeichneten ein Wachstum ihres Umsatzes in China im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, bei mehr als der Hälfte dieser Unternehmen stieg er massiv an. Der Teufelskreis der Schwierigkeiten bei den Erträgen für multinationale Unternehmen in China wurde ebenfalls durchbrochen, 78% der Firmen gaben an, Gewinne zu erzielen, ein Viertel davon konnte sogar beträchtliche Gewinnzuwächse verzeichnen.
Noch positivere Zahlen: 84% der Unternehmen glauben an ein weiteres Wachstum ihres Umsatzes auf dem chinesischen Markt in 2011, 83% der befragten Firmen verstärken in diesem Jahr ihre Investitionen in diesen Markt. Außerdem hoffen multinationale Unternehmen ihre großangelegten Investitionspläne ortsnah umzusetzen. Im letzten Jahr haben sich immer mehr der Unternehmen wie Vale Brazil entschieden, nach einem Finanzierungsmodus in nächster Nähe zu China zu suchen. Der französische Kosmetik–Newcomer L’Occitane, der etablierte US-Gastronomiegigant Mc Donald’s, der Maschinenhersteller Caterpillar und das britische Riesenunternehmen Unilever gehören dazu. Der Grund für die Vorliebe für die Ausgabe von auf Yuan lautenden Obligationen liegt nicht nur im Finanzierungsbedarf, noch wichtiger ist der Ausdruck echten Goodwills gegenüber China – und die zentrale Assoziation dabei ist die weitere Förderung der Internationalisierung des Yuan durch die chinesische Regierung.
Tatsächlich erkennen die multinationalen angesichts des wachsenden Konsums am chinesischen Markt nun voll und ganz, dass mit der Ausrichtung als herkömmliche Herstellungs- und als R&D-Basis das Potential dieses Wirtschaftsraums bei weitem nicht erschöpft ist. Der Wandel von der „Werkbank der Welt“ hin zum „Weltmarkt“ ist kein bloßer Slogan mehr. In allen Branchen, von den Autozulieferern bis zu Konsumelektronik, Halbleitern, Flugzeugbau, Energie und Strom, wird China in rasantem Tempo zum Hauptkriegsschauplatz, und der Wettbewerb zwischen den multinationalen Unternehmen in China wird darüber entscheiden, wer den globalen Sieg davonträgt.
Es werden täglich mehr Player, die in der neuen Rolle das Potential des chinesischen Marktes anzapfen wollen. Im letzten Jahr hat der englische Einzelhandelsriese TESCO mit einer asiatischen Immobilien-Investitionsgruppe ein Joint-Venture gegründet; man plant für die nächsten 6 bis 7 Jahre die Beteiligung an etwa 80 großen Einkaufszentren, mit einer Gesamtinvestition von 5 Mrd Pfund. Dies war offenkundig das Ergebnis gründlicher Beschäftigung mit dem chinesischen Markt: Das Genehmigungsverfahren für Einzelhandelsriesen ist aufwendig, arbeitet man dagegen mit einem großen Immobilienunternehmen, besonders mit Einkaufszentren zusammen, dann ist es vergleichsweise einfach. Und in der Fertigungsindustrie ist es der letzte Schrei, dass multinationale mit chinesischen Unternehmen Joint Ventures gründen, um dann gemeinsam die Weltmärkte zu erschließen.
Allerdings gab es im letzten Jahr auch mehr große Rückzüge von Akteuren; Best Buy, Home Depot und Barbie sind typische Beispiele in diesem Jahr. Dies stellt die ehrgeizigen multinationalen Unternehmen erneut auf die Probe. Ein Bericht von McKinsey gibt zu Bedenken, dass in den meisten Fällen, die Topmanager China nicht zum Zentrum ihrer globalen Strategie machen, wie sie eigentlich sollten. Tatsächlich gebe es zu viele Multis, die China immer noch als bloßes Anhängsel des globalen Marktes betrachten und ihr Geschäftsmodell aus anderen Ländern China überstülpen, anstatt eines maßzuschneidern.
Ein Beleg dafür: Zwar hat China in diesem Jahr Japan als zweitgrößte Wirtschaftsmacht abgelöst, und Boston Consulting prognostiziert China als zweitgrößten Verbrauchermarkt nach den USA in 2015, doch wenn wir einen Blick auf das diesjährige Ranking werfen, dann müssen wir einräumen, dass die weitaus meisten aufgelisteten Multis zwar in China mehr als 10 Mrd Yuan Umsatz erzielen, ihr globaler Marktanteil aber nach wie vor einstellig ist.
Andererseits ist der chinesische Markt für die multinationalen Unternehmen tückisch. Die einheimische Konkurrenz wird immer stärker und fordert nicht nur in China die Multis heraus, sondern strebt sogar mit Investitionen und Zukäufen auf den globalen Markt. Außerdem ist die chinesische Regierung, was die Überwachung der Multinationals angeht, alles andere als lax. Trotz der unablässigen Versicherung seiner ernsthaften Absichten in China hat die Nationale Kommission für Entwicklung und Reform Unilever kürzlich eine Geldstrafe von zwei Millionen RMB auferlegt, weil die britische Firma sich zu einem kritischen Zeitpunkt der Inflationskontrolle entschieden hatte, ihre auf jedem Supermarkt-Regal vertretenen Produkte zu verteuern.
Offensichtlich ist die Methode, in China erst einmal die ausgereiften Erfahrungen auszuprobieren, nicht mehr zeitgemäß, manchmal sogar desaströs. Die Entwicklung geht dahin, dass Erfolg oder Misserfolg auf diesem Markt über die Wettbewerbskonstellation auf dem Weltmarkt entscheiden wird. In diesem Jahr haben die Fälle von Nokia, Hewlett Packard, Loreal und McDonald’s dies alle auf ihre jeweils eigene Art illustriert: multinationale Unternehmen müssen den chinesischen Markt neu wahrnehmen, sie müssen ihn als ihre wahrhafte „zweite Heimat“ betrachten.