Originalartikel: Xinhua Wang vom 8.12.2009
Zusammenfassung:
Mafia – nicht nur in Chongqing
Immer mehr Bereiche in Politik und Wirtschaft werden von der organisierten Kriminalität infiltriert.
Fehler der Lokalregierungen werden nach diesem Xinhua-Bericht dafür verantwortlich gemacht. Aus dem Inhalt: Kriminelle Vereinigungen seien nicht nur ein Problem von „Schutzschirmen“ und Mafiabossen, sondern eine Krankheit der gesamten Gesellschaft. Die neue Kluft zwischen Arm und Reich führe dazu, dass Angehörige der politisch machtlosen Unterschicht auf die schiefe Bahn geraten und zu Hauptakteuren der organisierten Kriminalität würden. Besonders bei der Straffälligkeit von Wanderarbeitern habe die organisierte Kriminalität einen hohen Anteil. Dies sei in gewissem Maß die Schuld der Lokalregierungen. Die Bevorzugung von Staatsunternehmen bei der Kreditvergabe und ein fehlendes soziales Netz auf dem Land bzw. ein unzureichendes soziales Netz in den Städten bewirkten, dass Angehörige der Unterschicht leicht zu Opfern oder Akteuren organisierter Kriminalität würden. Sie sähen darin sozusagen eine Chance zu sozialer Mobilität. In Fujian und Guangdong schlössen sich die Wanderarbeiter zum Schutz ihrer Interessen in Landsmannschaften zusammen. Doch zum Ziel würde neben dem Schutz der eigenen legitimen Interessen nach und nach auch die “Lösung von Problemen” mit illegalen Mitteln. Während der Phase der Transformation bestimme die örtliche Regierung über Ressourcen, über die eigentlich der Markt verfügen sollte, was neue Einnahmequellen eröffne. Zum andern herrsche im Kontrollbereich Personalmangel, was notwendig mafiöse Strukturen entstehen ließe. In der Lokalregierung entstünden überall dort mafiöse Strukturen, wo Unzulänglichkeiten in der Wirtschaft herrschten. Im Zuge der extremen Steuerreform von 1994 sei die Verfügung über Steuereinnahmen an die Zentrale zurückgegeben worden, mit der Wirkung, dass die Lokalregierungen nicht mehr ausreichende finanzielle Unterstützung bekamen. Zum Beispiel erhielten die Polizeibehörden der Kreisebene und darunter nur noch weniger als die Hälfte ihres Etats aus dem Staatshaushalt, den Rest ihres „Lebensunterhalts“ müssten sie selbst erwirtschaften. Aus ehemaligen Schutzschirmen seien heute richtiggehende Mafiabosse geworden. Nicht nur in Chongqing ist die Mafia stark. Wenn man die Geschichte betrachte, so sei die Unterwelt nicht von der Geschäftswelt und der Politik getrennt zu sehen. Am stärksten seien die kriminellen Kräfte in Zeiten gewesen, in der die Gesellschaft in extremer Unruhe gewesen sei, und die politischen Entscheider am schwächsten und korruptesten waren. Die mafiösen Strukturen würden durch den unterschiedlichen Bildungsstand ihrer Mitglieder, durch ihre Fähigkeiten und ihre hohe Intelligenz sowie ihre Wachsamkeit gegen Ermittlungen immer komplexer. Die Herausforderung vonseiten der Unterwelt zeige sich nicht nur auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit. Ein ausländischer Politik-Analyst sei der Meinung, dass die Vermeidung der Hinwendung schwacher Gruppierungen zur Kriminalität mit der Frage der Verteilung von Reichtum verbunden sei. Wenn man eine Verfilzung der Geschäftswelt mit der Mafia verhindern wolle, müsse man die Bedingungen des Wirtschaftslebens und das Rechtssystem verbessern.